Auf einer Skala von 0 = sehr niedrige Lebensqualität bis 10 = sehr hohe Lebensqualität wurden Probanden gebeten anzugeben, wie sie die eigene Lebensqualität einstufen. Insgesamt stimmten 50 % der Einwohner/Innen in Hessen zu, eine (sehr) hohe Lebensqualität (Antwortoption 8-10) zu haben. Hessen liegt im Bundesländervergleich gemeinsam mit Brandenburg auf einem geteilten dritten Platz.
Insgesamt zeigt sich eine (sehr) hohe Zufriedenheit der Einwohner/innen Hessens mit einer Vielzahl an Lebenssituationsaspekten. Insbesondere die Aufenthalts- und Naherholungsmöglichkeiten in der Natur stoßen auf (sehr) hohe Zufriedenheit bei gleichzeitig (sehr) hoher Wichtigkeit. Auch bezogen auf die sozialen Beziehungen (74 %) und das Sicherheitsgefühlt (70 %) liegen jeweils (sehr) hohe Zufriedenheiten vor.
Mit der Qualität und Sauberkeit der Naturräume sind nur 59 % der Einwohner/innen (sehr) zufrieden, wobei 87 % der Befragten dieser Aspekt (sehr) wichtig ist. Dies zeigt, dass es bei einigen Aspekten zum Teil auch große Diskrepanzen zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit gibt.
Beim Mitspracherecht über Entscheidungen über touristische Entwicklungen sind die Einwohner/innen in Hessen mit 33 % Zufriedenheit (27 % Wichtigkeit) im Vergleich zu den anderen ausgewerteten Bundesländern am zufriedensten. Mit dem Ausmaß des Einflusses auf die touristische Entwicklung sind die Einwohner/innen in Hessen ebenfalls häufiger zufrieden als in allen anderen ausgewerteten Bundesländern. Die Studie umfasst noch weitere interessante Lebenssituationsaspekte, die im Berichtsband hier noch einmal ausführlich ausgewertet sind:
Die FH-Westküste hat mithilfe einer explorativen Regressionsanalyse herausgearbeitet, welche Einflussfaktoren aus den vier Gruppen
besonders auf die wahrgenommene Lebensqualität wirken.
Insgesamt konnten im Falle von Hessen neun unabhängige Variablen als Einflussfaktoren der Lebensqualität identifiziert werden. Diese haben einen statistisch signifikanten positiven oder negativen Einfluss auf die wahrgenommene Lebensqualität der Einwohner/innen des Bundeslandes. Positive Prädiktoren können als Treiber verstanden werden, negative Prädiktoren als Dämpfer der Lebensqualität.
Mit diesen neun Prädiktoren können insgesamt 32,7 % der wahrgenommenen Lebensqualität erklärt werden. Dies zeigt auf, dass das Lebensqualitäts-Konstrukt noch deutlich komplexer ist und weitere in dieser Studie nicht untersuchte Faktoren einen Einfluss haben. Aus statistischer Perspektive ist dieser Erklärbeitrag bereits als sehr gut einzustufen.
Mit einer Steigerung um eine Einheit bei der Frage nach der Tourismusakzeptanz am Wohnort und gleichzeitig unverändertem Antwortverhalten bei den weiteren Prädiktoren, würde die Lebensqualität um 0,202 Punkte steigen. Hierbei handelt es sich um den standardisierten ß-Wert, entsprechend sind die Veränderungen in Standardabweichungen gemessen.
Die Ergebnisse der Regressionsanalysen zeigen die Abhängigkeit des Lebensqualitäts-Konstruktes vom lokalen Kontext. So ergeben sich unterschiedliche Regressionsgleichungen je Bundesland. Zudem wird die Komplexität des Lebensqualitäts-Konstruktes sichtbar, da in den Regressionsgleichungen jeweils Prädiktoren der vier übergeordneten Themenbereiche stehen bleiben, d.h. Soziodemografie & Wohnsituation, allgemeine Lebenssituation, Identifikation & Einfluss, Kontakte & Auswirkungen Tourismus. Hierbei variiert die Anzahl der statistisch signifikanten Einflussfaktoren zwischen 8 im Falle von Hamburg und 31 im Falle von Sachsen.
Die hohe wahrgenommene Lebensqualität der Einwohner und Einwohnerinnen in Hessen spricht auch im Bundesländervergleich für die überdurchschnittliche Zufriedenheit der Hessen im Zusammenhang mit vielen Lebenssituationsaspekten, wenngleich es bei einigen Aspekten durchaus große Diskrepanzen zwischen der Zufriedenheit und der Wichtigkeit gibt (bspw. Qualität und Sauberkeit der Naturräume).
Der Tourismus wird durch Einwohner/innen in Hessen als Wirtschaftsfaktor erkannt, jedoch weniger als Treiber der eigenen Lebensqualität. Dies wird bei der Abfrage zur Zustimmung mit konkreten Aussagen deutlich. Während 44% zustimmten, dass der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sei, sagten nur rund 30% aus, dass dieser auch zur Lebensqualität der Einwohner/innen beiträgt.
Insbesondere wird dem Tourismus eine wichtige Rolle in der Generierung von Steuereinnahmen zugesprochen (58%) und zudem erkannt, dass der Tourismus für einen wichtigen kulturellen Austausch sorgt (54%) und das Image fördert. Hingegen wird der Beitrag zur Natur als negativ eingestuft, so stimmten 37% der Einwohner/innen zu, dass der Tourismus zur Belastung der Natur beiträgt und 21% erkennen eine Verknappung natürlicher Ressourcen durch den Tourismus. Zudem sind 21% der Einwohner/innen der Meinung, dass der Tourismus zur Steigerung der Lebenshaltungskosten beiträgt.
Durch die Regressionsanalyse konnte für Hessen statistisch widerlegt werden, dass eine hohe Tourismusintensität die Tourismusakzeptanz oder auch die Lebensqualität negativ beeinflusst. Einfacher gesagt führen viele Touristen nicht zu einer schlechteren Tourismusakzeptanz oder einer geringeren Lebensqualität. Dies zeigt noch einmal eindrücklich die Relevanz des Tourismus und, dass mit steigender Tourismusintensität häufig positive Aspekte verknüpft werden können, auch wenn diese aus Sicht der Einwohner/innen nicht immer direkt mit dem Tourismus verbunden werden. Dies spricht dafür, dass die Tourismusakzeptanz ein zentraler Indikator auf Einwohnerebene für DMOs sein kann, den es gilt, langfristig aufrechtzuerhalten bzw. zu steigern.