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Tourismusradar Hessen – Sonderausgabe zur Energiekrise

 

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 23. Juni 2022 hat die Bundesregierung die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Die Situation ist angespannt, die Versorgung jedoch derzeit stabil. Die deutschen Haushalte und Betriebe sind zum Energiesparen angehalten, um diese weiterhin gewährleisten zu können.
  • Die gestiegenen Energie- sowie Lebensmittelpreise und die hohe Inflationsrate haben zur Folge, dass ca. drei Viertel der Deutschen ihr Reiseverhalten einschränken wollen.
  • Erste Hotel- und Gastronomiebetriebe in Niedersachsen führen eine Energiekostenpauschale ein, um die Preissteigerungen anteilig an ihre Gäste weiterzugeben.
  • Hessens Bäder und Thermen ergreifen Maßnahmen zur Energieeinsparung. Einige unter ihnen mussten bereits (vorübergehend) schließen.
  • Save-the-Date: Am 29. November 2022 von 10:00 bis 12:00 Uhr findet die Online-Veranstaltung „Gastgeber in fordernden Zeiten“ mit dem Fokus auf den Umgang mit der Energiekrise statt. Hier geht’s zur Anmeldung!

Tourismusradar Hessen – November 2022

Herzlich willkommen zu Ausgabe 25 des Tourismusradars Hessen.

Die globalen Auswirkungen des Angriffskriegs gegen die Ukraine stellen auch Deutschland vor enorme Herausforderungen. Steigende Preise und eine veränderte Lage der Energieversorgung sind die Folge. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die Energiekosten im Oktober 2022 um 43,0 Prozent. Hinzu kommen die um 20,3 Prozent gestiegenen Preise für Lebensmittel. Die deutsche Inflationsrate insgesamt lag im Oktober 2022 bei 10,4 Prozent.

In dieser Sonderausgabe informieren wir Sie zu den Auswirkungen der Energiekrise und ihrer Folgen auf den Tourismus.

Trotz der besonderen Zeiten wünschen wir Ihnen viel Spaß beim Lesen!

 

Die Themen im Überblick

 

Auswirkungen der Energiekrise auf das Reiseverhalten der Deutschen

Die anhaltenden Preissteigerungen wirken sich auch auf die Urlaubspläne der Deutschen aus. Laut einer repräsentativen PwC-Umfrage wollen drei Viertel der Bundesbürger:innen ihr Urlaubsverhalten, unabhängig vom Reiseziel oder -typ, einschränken. Über 50 Prozent planen die Anzahl ihrer (Kurz-)Urlaube sowie den Komfort oder Umfang der Urlaubsaktivitäten zu reduzieren.

Bei der Unterkunftswahl zeigt sich ein Trend zu Unterkünften mit Selbstverpflegung. Fast 60 Prozent geben an, Unterkünfte, bei denen sie sich selbst Mahlzeiten zubereiten können, öfters in Betracht zu ziehen als zuvor.

Der Sportbekleidungshersteller Schöffel Sport hat zudem eine repräsentative Umfrage zur Einstellung zum Winterurlaub 2022/23 im Zuge der Energiekrise bei YouGov in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse zeigen, dass ein Preisanstieg auch in diesem Segment erwartet wird und die Befragten ihre Konsequenzen daraus ziehen. 26 Prozent planen eingeschränkte Winterferien, 23 Prozent verzichten auf eine Urlaubsreise. Unter denjenigen, die verreisen, wird der Fokus auf kürzere Entfernungen zum Urlaubsziel gelegt. Neben dem Trend der Ausweitung des Wintersports auf Wandern und Radfahren, der sich bereits vor der Energiekrise abzeichnete, zeigt sich in diesem Jahr eine Verschiebung der Nachfrage von klassischen Ski-Disziplinen vor allem hin zum Wandern. Als überwiegenden Grund dafür geben die Befragten die gestiegenen Preise an. Stefan Merkt, CEO von Schöffel Sport, resümiert: „Trotz der Kostensteigerungen der letzten Zeit suchen die Menschen auch im Winter das Naturerlebnis und wollen sich an der frischen Luft bewegen und gemeinsam mit Familien und Freunden Sport treiben.“

Auch wenn die Deutschen planen, ihr Reiseverhalten in diesem Winter einzuschränken, liegt in der damit einhergehenden Fokussierung auf Urlaube in einem geringeren Anreiseradius und Wandern anstelle des Ski-Urlaubs auch eine Chance. Denn schließlich trifft diese Entwicklung auf eine der Kernkompetenzen des touristischen Angebots in Hessen mit seinen vielfältigen Naturlandschaften und abwechslungsreichen Wanderrouten.

 

Auswirkungen der Energiekrise auf das Gastgewerbe

Die gestiegenen Preise machen auch dem Gastgewerbe zu schaffen. Eine Idee der Betriebe zur Abmilderung der hohen Kosten ist die zumindest teilweise Weitergabe an den Gast durch eine sogenannte Energiekostenpauschale. Es handle sich dabei um einen Betrag zwischen zwei und acht Euro, der pro Übernachtung oder ein bis zwei Euro, die pro Restaurantbesuch zu zahlen seien (Süddeutsche Zeitung, Norddeutscher Rundfunk).

In Niedersachsen machten einige Betriebe, darunter das The Hearts Hotel in Braunlage, erste Erfahrungen mit dem Aufpreis. Der Betreiber, Meik Lindberg, berichtet dem Norddeutschen Rundfunk, dass dieser von der Mehrheit der Gäste verständnisvoll akzeptiert werde. Nach Angaben des DEHOGA Niedersachsen sind es bisher wenige Betriebe, die die Pauschale eingeführt haben. Auch einzelne Buchungsplattformen bieten den Übernachtungsanbietern eine Option zur Addition einer solchen Pauschale auf den Übernachtungspreis an. Dieses Feature werde jedoch nur zögerlich angenommen, da der Gast bei der Auswahl des Übernachtungsangebots verstärkt die Preise vergleiche und einen auf den ersten Blick höheren Preis als abschreckend empfinden könnte. Auch wenn erste Betriebe gute Erfahrungen mit der Einführung eines solchen Zuschlags gemacht haben, bleibt die Problematik bestehen, dass man die Kosten nicht vollständig weitergeben kann. Dies trifft in besonderem Maße auf Buchungen zu, die vor den Preissteigerungen getätigt wurden.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass Übernachtungen im Oktober 2022 im Vergleich zum Vorjahresmonat durchschnittlich in ihrem Preis um 8,8 Prozent gestiegen sind. Damit liegen sie noch 1,6 Prozent unter dem Inflationsniveau im Oktober und bestätigen die Lücke bei der Kostenweitergabe. Auch in Restaurants und Cafés haben sich die Preise erhöht. Die Erhöhung zum Vorjahr beträgt hier 9,1 Prozent und erreicht damit ebenfalls nicht die Inflationsrate.

©Statistisches Bundesamt (Destatis), 2022

Ergebnisse der aktuellen DEHOGA-Umfrage, die am 04. Oktober 2022 veröffentlicht wurden, zeigen, dass ca. zwei Drittel der Betriebe im Gastgewerbe ihre Existenz bedroht sehen. Ca. 30 Prozent der Betriebe erwarten, zum Jahresende in die Verlustzone zu geraten. Über 50 Prozent befürchten ein negatives Geschäftsergebnis für 2023. Eine Mitgliederumfrage zur Betroffenheit des hessischen Gastgewerbes des DEHOGA Hessen hat ergeben, dass Stand August bereits 34 Prozent Preissteigerungen bei den Energiekosten von mindestens 50 Prozent und 21 Prozent sogar in Höhe von über 100 Prozent hinnehmen mussten, die ab Oktober in Kraft getreten sind. Der Anteil der Energiekosten am Umsatz sei dadurch auf über 15 Prozent gestiegen.

Der DEHOGA Hessen fordert eine „schnelle und konkrete Umsetzung der Energiepreisbremse“ und der Härtefallhilfen. Am 19. November 2022 ist das Gesetz über die Dezember-Soforthilfe in Kraft getreten. Demnach entfällt die Abschlagszahlung im Dezember für Verbraucherinnen und Verbraucher, darunter auch kleine und Mittelständische Unternehmen, die über Standardlastprofile abgerechnet werden und einen Jahresverbrauch unter 1,5 Millionen Kilowattstunden haben. Noch ausstehend sind die Gesetzentwürfe zur Umsetzung der Strom- und Gaspreisbremse, die im Januar, beziehungsweise März 2023 greifen sollen.

 

Auswirkungen der Energiekrise auf Thermen und Bäder

Thermen und Bäder sind ein wesentlicher Teil der kurspezifischen Wertschöpfungskette. Sie leisten einerseits einen wichtigen Beitrag für Gesundheitsprävention und -rehabilitation und tragen andererseits positiv zur Tourismuswirtschaft vor Ort bei. Der Betrieb hat einen hohen Energieverbrauch und so sind auch die Thermen und Bäder von den steigenden Energiepreisen betroffen und zum Energiesparen angehalten.

Dabei sind sie um die fortlaufende Identifikation von Einsparpotenzialen bemüht und arbeiten verschiedene Szenarien für den Winter aus.Maßnahmen, die diesbezüglich auf der individuellen Ebene bereits umgesetzt wurden, beziehen sich bspw. auf die Einschränkung oder Schließung energieintensiver Bereiche, wie Wellenbäder oder Saunen. Dies kommuniziert unter anderem die WerratalTherme offen mit den Besucherinnen und Besuchern und sensibilisiert so für die Energieeinsparung. Auch die Spessart Therme Bad Soden-Salmünster und das Thermalfreibad Schlangenbad ergreifen entsprechende Maßnahmen.

 

Zusätzlich werden Möglichkeiten für energiesparende Umbauten, wie Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, Geothermik oder Solaranlagen auf den Dächern, geprüft. Um die dennoch hohen Energiepreise abzudämpfen, wird auch die zumindest anteilige Weitergabe der gestiegenen Kosten an den Gast in Form von Preiserhöhungen in Anspruch genommen. Dies teilt zum Beispiel die Weser-Therme Bad Karlshafen mit. Zudem haben manche Einrichtungen, darunter die Odenwald Therme in Bad-König, das Jugendstilbad Darmstadt, das Laguna Aßlar und die Titus Thermen, die Wasser- und/oder Lufttemperatur gesenkt. Der hessische Heilbäderverband betont, dass dies ein Schritt sei, der den Bäderbetreibern besonders Sorge bereitet. Das warme Wasser sei wesentlich für die Durchführung von Reha-Maßnahmen und die Gesundheitsvorsorge von Jung und Alt. Aus diesem Grund versprechen sowohl die Rhein-Main-Therme als auch die Toskana Thermen ihren Gästen explizit, die Wassertemperatur nicht abzusenken. Die Toskana Thermen gehen auf ihrer Website sogar einen Schritt weiter und sichern zusätzlich ein gleichbleibendes Angebot und unveränderte Öffnungszeiten zu.

Einige Thermen und Bäder mussten bereits schließen, darunter die Kurbad-Therme in Bad Hersfeld und die Kaiser-Friedrich-Therme in Wiesbaden, die vorrübergehend geschlossen bleiben. Seit dem 30. September 2022 dauerhaft geschlossen, ist die Justus-von-Liebig-Therme in Bad Salzhausen.

Seit dem 23. Juni 2022 befindet sich Deutschland in der Gaswarnstufe 2 des Notfallplans. Die Gasversorgung ist derzeit stabil. Sollte sich die Lage verschlechtern und die Notfallstufe ausgerufen werden, würde dies die Schließung der Thermen und Bäder bedeuten. Bereits im Juli dieses Jahres hatte Hessens Heilbäderverband mit einem ungewöhnlichen Vorschlag Aufsehen erregt. Das Bäderwesen leiste einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge und Begegnung. Vor dem Hintergrund, dass die Einrichtungen auch im Falle der Schließung weiterhin mit Gas versorgt werden müssen, um irreparablen Schäden vorzubeugen, wird vorgeschlagen, diese aus der Gas-Warnstufe-3 herauszunehmen und als „Wärmezentren“ geöffnet zu lassen. So schaffe man Räume der Begegnung in denen rehabilitative Maßnahmen und Schwimmkurse fortgeführt sowie aufkommende Frustrationen der Bürgerinnen und Bürger über die erneut schwierigen Zeiten etwas kompensiert werden können. Eine Sichtung der Webseiten des hessischen Heilbäderverbands und der hessischen Bäder und Thermen hat keinen neuen Stand der Diskussion gezeigt. Es lässt sich also vermuten, dass ein abschließendes Ergebnis der Debatte noch aussteht.

 

Unterstützungsangebote im Hessen Tourismus

Den aktuellen Herausforderungen wollen wir im Hessen Tourismus durch Information und Austausch gemeinsam begegnen.

Auf einer Übersichtsseite zur Energiekrise finden sich im Tourismusnetzwerk Hessen Links zu Webseiten und Veranstaltungen zum Thema Energiesparen, Sonderförderungen und Kurzarbeitergeld. Außerdem wird jede Leserin und jeder Leser eingeladen, auf weitere bestehende Informationsbedarfe zum Thema hinzuweisen oder eigene Tipps zum Umgang mit der Energiekrise zu teilen.

In diesem Zusammenhang möchten wir auf die Online-Infoveranstaltung „Gastgeber in fordernden Zeiten“ am 29. November 2022 von 10:00 – 12:00 Uhr hinweisen, zu der wir – die Hessen Agentur GmbH, das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen sowie der DEHOGA Hessen – Sie herzlich einladen. In Fachvorträgen werden unter anderem Handlungsmöglichkeiten zur Energie- und Kostensenkung und Unterstützungsangebote für KMU im Gastgewerbe thematisiert. Anschließend ist eine offene Diskussionsrunde unter den Teilnehmenden geplant.
Zu mehr Informationen und der Anmeldung geht es hier!

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und den Austausch mit Ihnen!

Die aktuelle Ausgabe des Tourismusradars Hessen können Sie auch hier als pdf downloaden

Quellen

MPK-Beschluss vom 02. November 2022: https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/2139142/65def71a2103f977a6845faa69910749/2022-11-02-mpk-beschluss-data.pdf?download=1
Bundesnetzagentur: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Gasversorgung/aktuelle_gasversorgung/start.html
Statistisches Bundesamt (Destatis): https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/11/PD22_472_611.html
https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Publikationen/Downloads-Verbraucherpreise/verbraucherpreise-m-2170700221104.pdf?__blob=publicationFile
Verbraucherzentrale: https://www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/energie/gaspreisbremse-dezemberabschlag-und-hilfsmoeglichkeiten-faq-zur-gaskrise-76138
PwC Umfrage: https://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/2022/folgen-der-inflation-mehrheit-der-deutschen-kuerzt-das-urlaubsbudget.html
Pressemitteilung zur Schöffel Umfrage (E-Mail-Kommunikation)
Norddeutscher Rundfunk: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Erste-Hotels-und-Restaurants-erheben-Energiepauschale,energiepauschale104.html
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Explodierende-Kosten-Kuenftig-Eintrittsgeld-fuer-Restaurants-,gastronomie368.html
Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/reise/tourismus-hotels-energiepauschale-1.5681778?reduced=true
Pressemittelungen des DEHOGA: https://www.dehoga-bundesverband.de/fileadmin/user_upload/PM_22_20_Aktuelle_DEHOGA-Umfrage_-_Explodierende_Kosten_und_sinkende_Umsaetze_fuehren_erneut_zu_Existenzaengsten.pdf
https://www.dehoga-hessen.de/presse-media/pressemitteilungen/detail/news/energiekosten-im-gastgewerbe-und-das-dritte-entlastungspaket-der-bundesregierung/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=8e6b857245857f95a5ad76b4808c4312
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/entlastungen-im-ueberblick/soforthilfe-dezember-2139268
Heilbäderverband Hessen: https://www.heilbaederverband-in-hessen.de/presse/detailansicht?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=40&cHash=35fc7f3803e3dce7750c16125013064f
https://www.heilbaederverband-in-hessen.de/presse/detailansicht?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=40&cHash=35fc7f3803e3dce7750c16125013064f
Websites der hessischen Thermen und Bäder
Screenshots der Hinweise: https://www.werrataltherme.de/ und https://www.toskanaworld.net/de/12/therme-bad-orb/therme

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Autor(in): Fabian Wolf
Hessen Tourismus
Projektmanager Marktforschung und Analyse, Hessen Tourismus
E-Mail: fabian.wolf@hessen-agentur.de

Telefon: +49 611 95017-8113


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