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Tourismusradar Hessen – Ausgabe Oktober 2020

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Anzahl der Ankünfte und Übernachtungen in Hessen erholen sich weiter langsam, bleiben allerdings hinter der deutschlandweiten Entwicklung zurück.
  • Hessen ist dennoch für jeden Zweiten auch unter Corona ein potenzielles Reiseziel.
  • Immer mehr Gebiete in Deutschland und Europa werden als Risikogebiete deklariert und lassen für den Herbst einen erneuten Rückgang der Gästezahlen befürchten.
  • Städtetourismus leidet besonders unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

 

 

Tourismusradar Hessen – Oktober 2020

Herzlich willkommen zur zweiten Ausgabe des Tourismusradar Hessen. Auch diesmal wollen wir wieder über die aktuellen touristischen Entwicklungen der wichtigsten Themen und Quellmärkte für Hessen berichten. Die wachsende Infektionsdynamik im Rahmen der Corona-Pandemie birgt auch für die Erholung des Tourismus Gefahren, die auch Rückschläge mit sich bringen können.

In dieser Ausgabe wollen wir uns näher mit Großbritannien, einem der volumenmäßig größten Quellmärkte Europas, sowie dem Thema Städtetourismus beschäftigen. Insbesondere der Städtetourismus scheint besonders unter der Pandemie zu leiden.

 

Zahlen – Daten – Fakten zum Hessen-Tourismus

 Entwicklung der Gäste und Übernachtungszahlen Hessen

Die langsame Erholung, die seit Mai eingesetzt hat, konnte auch im August fortgesetzt werden. Demnach betrug der Rückgang im Vergleich zum Vorjahresmonat bei den statistisch erfassten Ankünften und Übernachtungen im August 45 Prozent bei den Ankünften und 37 Prozent bei den Übernachtungen.

Im Deutschlandvergleich ist die Erholung allerdings unterdurchschnittlich. Ein Blick in die Details der Statistik verrät, dass die Stadtkreise Darmstadt, Frankfurt/Main, Offenbach am Main und Wiesbaden sich langsamer erholen als der Durchschnitt Hessens. In Frankfurt/Main beispielsweise beträgt der Rückgang der Übernachtungen im Vergleich zum August des Vorjahres 62 Prozent. Hier sei auch schon auf das Kapitel zum Städtetourismus verwiesen, dass den ehemaligen Wachstumstreiber Städtetourismus in Zeiten von Corona zur Bremse der Erholung werden lässt.

Gästezufriedenheit

Auch in der zweiten Ausgabe des Tourismusradars werfen wir wieder einen Blick auf die aktuelle Gästezufriedenheit in Hessen. Der TrustScore, welcher auf einer Skala von 0-100 angibt, wie zufrieden die Gäste mit ihrem Aufenthalt waren, liegt bei den Betrieben in Hessen weiterhin bei 81. Vergleicht man die ländlichen Gebiete mit den städtischen in Hessen, so wird deutlich, dass die Orte mit mehr als 50.000 Einwohnern im Durchschnitt mit 79 einen um drei Punkte schlechteren TrustScore aufweisen als die ländlichen Gemeinden. Die Gästezufriedenheit in den Betrieben ist somit in den kleineren Städten durchschnittlicher höher als in den Großstädten. Das liegt in erster Linie daran, dass der Anteil der Geschäftsreisenden in den Städten höher ist, diese sind grundsätzlich in ihrer Bewertung kritischer als Freizeitreisende.

Wie steht es um die Reiselust der Deutschen?

Die zweite Befragungswelle der seit August 2020 monatlich exklusiv für Hessen laufenden repräsentativen Befragung der deutschen Bevölkerung (1. Welle n=1.000, jede Folgewelle n=500) zeigt, dass die Deutschen im Hinblick auf ihre Reiselust weiterhin unentschieden sind: gute 40 Prozent haben eine sehr große bzw. große Reiselust, wohingegen 35 Prozent eine geringe bzw. gar keine Lust auf Reisen verspüren. Gleichzeitig wird, wie auch im vergangenen Monat, etwa ein Drittel zunächst keine Urlaubsreise unternehmen, sondern erst einmal abwarten. Als Grund, derzeit keine Urlaubsreise zu unternehmen, spielt – geschlossen abgefragt – vor allem die Angst vor einer Corona-Ansteckung durch andere Reisende (56%) sowie durch Personal (34%) eine Rolle. Weiterhin geben 46% der Befragten als Grund an, dass die Einhaltung der Schutz- und Hygienevorschriften nicht zu ihrem Verständnis von Urlaub passt und jeweils etwa jeder Vierte hat weniger Geld für Reisen zur Verfügung oder Angst, sein Geld nicht zurückzuerhalten, wenn die Reise nicht angetreten werden kann.

Um von Reisenden für die nächste Urlaubsreise in Betracht gezogen zu werden, sollte aus Gastgeber-Perspektive ein starker Fokus auf Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen gelegt werden. Zentral sind die Einhaltung der Hygienevorschriften, die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln v.a. in öffentlichen Bereichen sowie die Maskenpflicht für Angestellte und Gäste. Über die Umsetzung der Hygienemaßnahmen sollten Reisende zudem bereits im Vorfeld informiert werden, um Vertrauen aufzubauen und dem starken Bedürfnis nach Sicherheit gerecht zu werden.

 

Reisen nach Hessen während der Corona-Pandemie

Kommt das Bundesland Hessen mit seinen Reiseregionen und Städten als privates Reiseziel in Frage? Grundsätzlich kommt Hessen für knapp zwei Drittel (65%) der Befragten auf jeden Fall oder vielleicht in Frage. In Zeiten von Corona steht Hessen noch für gut jeden Zweiten als Reiseziel auf jeden Fall bzw. vielleicht zur Auswahl. Gründe hierfür sind insbesondere die kurze Anreise bzw. die Nähe zur Heimat und die Lage innerhalb Deutschlands. Darüber hinaus wird Hessen im Vergleich zu anderen Destinationen als weniger überlaufen wahrgenommen. Auch die Landschaft, die Natur und die Vielseitigkeit der Angebote werden geschätzt. Für 25 Prozent der Befragten hingegen ist Hessen während der Pandemie auf keinen Fall eine Reiseoption. Von denjenigen, die Hessen in den letzten drei Jahren besucht haben (18%), waren 45 Prozent auch nach Aufhebung der ersten Corona-Beschränkungen bereits dort.

 

Zahlen – Daten – Fakten zu den internationalen Quellmärkten Hessens

Der Blick auf die Entwicklung der Gäste- und Übernachtungszahlen in den für Hessen wichtigen Quellmärkten Österreich, Schweiz, Niederlande, Großbritannien, USA und China zeigt, dass sich die Zahlen auch im August im Vergleich zum Vorjahresmonat noch auf einem niedrigeren Niveau bewegen. Verglichen zu Juli 2020 sind aber, zumindest in den europäischen Quellmärkten, Steigerungen erkennbar. Die Zahlen der Übernachtungen aus Österreich und den Niederlanden weisen sogar einen geringeren Rückgang auf als die hessenweiten Übernachtungen.

Aufgrund der sowohl in Deutschland als auch in Europa und weltweit aktuell wieder stark steigenden Infektionszahlen liegt jedoch die Vermutung nahe, dass die Ankunfts- und Übernachtungszahlen aus den internationalen Quellmärkten im Herbst wieder zurückgehen werden. Zwar wurde die pauschale Reisewarnung für außereuropäische Länder zum 1. Oktober 2020 aufgelöst und durch differenzierte Reise- und Sicherheitshinweise für einzelne Länder ersetzt. Die steigenden Infektionszahlen sorgen jedoch dafür, dass die Anzahl der Reisewarnungen ständig steigt.

Aktuell ist eine Einreise aus Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Großbritannien grundsätzlich möglich. Wie im ersten Tourismusradar im September aber bereits vermutet, sind weitere Einschränkungen und Risikogebiete dazugekommen. So zählt mittlerweile die gesamte Niederlande als Risikogebiet und auch in Großbritannien, der Schweiz und Österreich zählen immer mehr Regionen zu den Risikogebieten. Hinzu kommen die innerdeutschen Risikogebiete, welche die touristische Entwicklung weiter erschweren.

Die hier dargestellten Daten werden in jeder Ausgabe des Tourismusradars aktualisiert, die aktuellen Einordnungen der Risikogebiete seitens der RKI finden Sie hier: Informationen zur Ausweisung internationaler Risikogebiete durch das Auswärtige Amt.

„Länder-Special“: Quellmarkt Großbritannien

In der Rubrik „Länder-Special“ stehen monatlich im Wechsel die im Strategischen Marketingplan 2019-2024 fokussierten sowie die volumenmäßig stärksten Quellmärkte im Blickpunkt. In der zweiten Ausgabe des Tourismusradars der Quellmarkt Großbritannien, der 2019 in Hessen nach den Niederlanden mit fast 550.000 Übernachtungen der zweitwichtigste Quellmarkt Europas war.

2019 war Deutschland auf Platz 7 der beliebtesten Auslandsreiseziele der Briten. Insgesamt wurden in Deutschland 2.552.384 Ankünfte und 5.623.110 Übernachtungen (inkl. Camping) aus Großbritannien verzeichnet. Laut Prognose der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) – berechnet vor der Corona-Pandemie – werden die Übernachtungszahlen bis zum Jahr 2030 auf 6,9 Mio. ansteigen. Innerhalb Deutschlands belegt Hessen mit 9,5 Prozent der Übernachtungen nach Berlin, Bayern und Nordrhein-Westfalen Rang 4 der beliebtesten Reiseziele der Briten. Im Ranking der Städte (über 100.000 Einwohner) erreicht Frankfurt mit 339.099 Übernachtungen ebenfalls den vierten Platz (2019). Zwei Drittel der Deutschlandreisen der Briten sind Urlaubsreisen. Dabei werden am liebsten Städte- oder Eventreisen (72%) unternommen.

Großbritannien und Nordirland sind von der COVID-19-Pandemie besonders stark getroffen. Wie in der Checkbox zu den Einreise- und Quarantänebestimmungen oben dargestellt, gelten einige Regionen (East Midlands, North East, North West, West Midlands, Yorkshire and The Humber sowie Nordirland, Schottland, Wales und Gibraltar) als Risikogebiet, da die Inzidenz dort mehr als 50 Fälle pro 100.000 Einwohner auf sieben Tage beträgt. Insgesamt haben sich nach aktuellem Stand 705.428 Menschen mit dem Virus infiziert und die Zahl der Neuinfektionen ist weiterhin hoch.

(Stand 19.10.2020, ZEIT ONLINE: Coronavirus: Entwicklung im internationalen Vergleich)

Aussichten des Quellmarktes Großbritannien für Hessen und seine Reiseregionen

Am 10. Juli 2020 hat Großbritannien die in Folge der Corona-Pandemie getroffenen Quarantäne-Vorschriften für Einreisende gelockert und eine Ausreise in sogenannte „travel corridors“ wieder erlaubt, ohne Quarantäneverpflichtung. Dazu gehört auch Deutschland, sodass Reisen aus dem Vereinigten Königreich nach Deutschland grundsätzlich wieder möglich sind (Risikogebiete beachten). Die Airlines, u.a. Ryanair, Eurowings und British Airways, haben ihren Flugbetrieb wieder aufgenommen, die Flug- und Reiseverbindungen von und nach Deutschland sind derzeit dennoch weiter eingeschränkt. Im August konnte sich die Zahl der Ankünfte und Übernachtungen weiter leicht erholen, sodass 30 Prozent der Ankünfte und 36 Prozent der Übernachtungen aus Großbritannien im Vergleich zum Vorjahresmonat in Hessen erreicht wurden. Inwieweit der Erholungsprozess auch beim aktuellen Infektionsgeschehen fortschreiten kann, bleibt abzuwarten.

Der Trend zu mehr Inlandsreisen trifft auch auf Großbritannien zu. Eine im Juli 2020 vom Marktforschungsunternehmen YouGov durchgeführte Untersuchung ergab, dass 45% der Briten in den nächsten sechs Monaten vorhaben eine Inlandsreise zu unternehmen, eine internationale Reise planen hingegen nur 17%. Darüber hinaus wurde Deutschland aufgrund der Corona-Pandemie von 41% der Briten nicht als Reiseziel für den Sommerurlaub in Erwägung gezogen. Laut Informationen der DZT ist mittlerweile aber eine erhöhte Nachfrage nach Deutschlandreisen zu verzeichnen, insbesondere für den Advent. Hierbei handelt es sich überwiegend um Reisende aus der mittleren und höheren Einkommensschicht. Während vor der Corona-Pandemie 80% aller Urlaubsreisen nach Deutschland im Voraus im Internet gebucht wurden (25% Direktbuchung beim Reisebüro), zeigen aktuelle Umfragen, dass 79% der Reisenden zukünftig eher bei einem Reisebüro buchen würden als online (vgl. Deutsche Zentrale für Tourismus).

Weiterführende Informationen zum Quellmarkt Großbritannien:

 

„Themen-Special“: Städtereisen

Nachdem wir uns in der Ausgabe 1 mit dem Thema Naturtourismus beschäftigt haben, der von der Corona-Pandemie profitiert hat, widmen wir uns in dieser Ausgabe dem Städtetourismus, der wiederum unter den Auswirkungen von Corona besonders leidet.

In unserer monatlichen Befragung liegt der Städtetourismus unter „normalen“ Bedingungen mit einem Wert von 54 Prozent auf Rang drei der Beliebtheitsskala von bevorzugten Reisearten. Unter Corona-Bedingungen jedoch sinkt der Wert auf 17 Prozent und fällt auf Rang sieben zurück. Und auch eine neue Studie des Europäischen Tourismus Instituts unter 5.000 städtereiseaffinen Personen in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterstreicht diese Zahlen. Demnach sinkt bei 44 Prozent der Befragten die Bereitschaft, unter Corona-Bedingungen private Städtereisen zu unternehmen. Dabei spielt die Angst, durch andere Reisende infiziert zu werden, die größte Rolle.

Eine Prognose, wann sich der Städtetourismus erholen kann, ist unter dem aktuellen Infektionsgeschehen – mit neuen Negativ-Rekorden an COVID 19-Erkrankungen in weiten Teilen Europas – sehr schwierig. Dabei scheint eine Konzentration auf die Angebote in den Städten sinnvoll, die auch zu diesen Zeiten relativ gefahrlos möglich sind. Das kann unter Berücksichtigung jeweils eigener Hygiene- und Abstandskonzepte beispielsweise der Besuch von Attraktionen sein. Schwierig ist hingegen die Bedienung einzelner Zielgruppe, die Events oder das Nachtleben als Hauptmotiv für Städtereisen sehen.

 

Ausblick

In der kommenden Ausgabe werfen wir, neben den aktuellen touristischen und Corona-spezifischen Entwicklungen, den Blick auf das Thema Geschäftsreisetourismus in Zeiten von Corona sowie auf den Quellmarkt Schweiz. Veröffentlicht wird die dritte Ausgabe des Tourismusradars Hessen Mitte November.

Die Ausgabe 2 des Tourismusradar Hessen können Sie auch hier als pdf downloaden.

Quellen



Autor(in): Fabian Wolf
Hessen Tourismus
Projektmanager Marktforschung und Analyse, Hessen Tourismus
E-Mail: fabian.wolf@hessen-agentur.de

Telefon: +49 611 95017-8113
Kategorien:
Allgemein · Corona · Marktforschung · Tourismusradar


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